Cocktailtrend Fat Washing: Wenn der Whisky nach Bacon schmeckt
Nikolaus Prokop

Fat Washing ist ein ebenso ungewöhnlicher wie faszinierender Bar-Trend, der in den letzten Jahren die gehobene Cocktailkultur immer mehr erobert hat. Dieser innovativer Ansatz ermöglich es Barkeeperinnen und Barkeepern, erstaunliche Geschmackserlebnisse zu schaffen, indem sie Spirituosen mit verschiedenen Fetten infundieren. Das Erlebnis sind einzigartige Cocktails mit überraschender Tiefe, Komplexität und harmonisch innovativen Aromakombinationen.

Whisky mit einem dezenten Aroma von Räucherspeck oder Entenschmalz? Feine, mollige Butteraromen im Rum? Fruchtig-herbes Olivenöl plus Vodka? Oder gar Erdnussbutter, Parmesan oder Nüsse im Cocktail? Klingt abenteuerlich, ist es aber keineswegs. Denn hinter diesen auf den ersten Blick reichlich seltsamen Kombinationen steckt ein höchst kreativer neuer Bar-Trend. Gar so neu ist er im Grunde gar nicht, denn erfunden wurde er vor mittlerweile bald zwanzig Jahren in einer der angesagtesten New Yorker Bars. Doch nun ist er auch hierzulande immer mehr in der anspruchsvollen Barkultur angekommen: das sogenannte „Fat Washing“.

Fat Washing bedeutet wörtlich übersetzt „Fettwaschung“, was irreführenderweise nicht allzu appetitlich klingt. Schuld daran ist allerdings vor allem die deutsche Sprache. Denn im Englischen hat der Begriff „washing“ eine weitaus größere Bedeutungsvielfalt: Hier lässt er sich am zutreffendsten mit „extrahieren“ oder auch „infundieren“ übersetzen, da beim Fat Washing verschiedenste Spirituosen gemeinsam mit zumeist erwärmtem Fett angesetzt werden. Bei diesem speziellen Prozess können Butter, Öle oder sogar Schmalz verwendet werden, ebenso auch fetthaltige Zutaten wie etwa Nüsse oder Käse. Ein ähnliches chemisch-physikalisches Prinzip kennen fortgeschrittene Kaffeekennerinnen und -kenner bereits vom Cold Brew-Extraktionsverfahren: Auch hier wird der Kaffee über einen längeren Zeitraum in kaltem Wasser extrahiert, welches je nach Zeitdauer die Substanzen und Aromen mehr oder weniger intensiv aufnimmt.

Aromatisches Neuland: Old Fashioned mit Whisky-Bacon-Influsion.
Köstlich spannende neue Geschmacksnuancen und Texturen

Wagt man auch mit Fett und Alkohol dieses ungewöhnliche, aber äußerst lohnenswerte Experiment, ist das Resultat eine zumeist überaus angenehme Überraschung: Da Fett ein hervorragender Aromaträger ist, gehen durch das Infundieren in Alkohol die Aromastoffe in die Spirituose über und lassen köstliche und spannende neue Geschmacksnuancen und Texturen entstehen, wobei die Ausgangsspirituose insgesamt weicher, runder und harmonischer wird. Wer übrigens befürchtet, dass der edle Whisky nach der Behandlung mit Erdnussbutter zum Brotaufstrich wird oder der feine Gin nach der Kombination mit Olivenöl zur Salatmarinade, kann völlig beruhigt sein: Nachdem die Spirituose z. B. in einem großen Einmachglas über einen bestimmten Zeitraum gemeinsam mit dem Fett angesetzt wurde, wird sie anschließend abgekühlt oder eingefroren. Dadurch setzen sich die fettigen Bestandteile wie ein Deckel an der Oberfläche ab und das Fett kann leicht entfernt werden, während die Geschmacksstoffe im Alkohol zurückbleiben.

Fortgeschrittene Fat Washing-Expertinnen und -Experten unter den internationalen Mixologinnen und Mixologen gehen sogar noch eine Stufe der Könnerschaft weiter und kreieren zunächst im ersten Schritt eigene Öl- oder Fettmischungen mit ausgetüftelt komplexen Aromen: z. B., indem sie Öle mit Kräutern ansetzen oder Butter und andere Fette mit verschiedensten Gewürzen und Zutaten. Erst dann werden der aromatisierten Fettsubstanz im zweiten Schritt durch die Alkoholextraktion sowohl die fettlöslichen als auch die wasserlöslichen Moleküle entzogen – und voilà, ein einzigartiger Whisky mit delikaten Bacon- und Kräuternoten ist entstanden oder ein Rum mit gebuttertem Popcorn-Aroma, die dann die Basis für faszinierend komplexe Cocktailkreationen bilden.

Vom Flüsterkneipengeheimtipp zum internationalen Trend

Als Erfinder und führender Pionier dieses Bartrends an der Schnittstelle zwischen anspruchsvoller Mixologie und flüssiger Gourmetküche gilt weithin der New Yorker Kult-Barkeeper Don Lee. Bereits 2007 sorgte er in der versteckt liegenden Speakeasy-Bar Please Don’t Tell mit seinen ersten Fat Washing-Cocktailkreationen – etwa dem mittlerweile legendären „Benton’s Old Fashioned“ mit baconinfundiertem Bourbon, Ahornsirup und Angostura – zuerst unter Uneingeweihten für einige Skepsis und dann für einen umso verdienteren Hype. Dementsprechend war das Please Don’t Tell – den New Yorkerinnen und New Yorkern nur unter dem Kürzel „PDT“ bekannt – schon bald kein Geheimtipp mehr und der raffiniert getarnte Eingang in einer Telefonzelle eines Hot-Dog-Ladens am St. Mark’s Place im New Yorker East Village ebenso wenig.

Auch in Europa trug insbesondere Tony Conigliaro, ein renommierter Pionier der modernen Cocktailkunst, maßgeblich zur Verbreitung des Fat Washing-Trends bei. In seinen Londoner Bars 69 Colebrooke Row und Zetter Townhouse kreierte er einzigartige Cocktails mit fettinfundierten Spirituosen, die internationale Anerkennung erlangten. Und da jeder Trend auch seine Bibel braucht, hat der anerkannte New York Times Cocktailspezialist Aaron Goldfarb mit seinem Buch „Hacking Whiskey“ ein neues Standardwerk zum Thema Fat Washing geschrieben, das er insbesondere dem Thema Whisky gewidmet hat – allen wärmstens ans Herz gelegt, die ihrem Whisky auch einmal experimentell kreativ zu Leibe rücken wollen und sich selbst oder Gäste mit Whisky-Shots aus dem Markknochen oder Bourbon mit Nussbutteraromen überraschen wollen.

Alle Zutaten erhältlich bei METRO.

Buffalo Trace Benton’s Old Fashioned

Cocktail 10 Minuten

Zubereitung:

1. Bacon in einer Pfanne bei nicht zu hoher Temperatur auslassen.

2. 80 g geschmolzenes Baconfett mit 700 ml Buffalo Trace Kentucky Straight Bourbon z. B. in einem Einmachglasvermischen und mindestens 6 Stunden ziehen lassen. Ins Gefrierfach stellen, bis das Fett ausgehärtet ist, Fett abschöpfen, filtrieren und in eine saubere Flasche füllen.

3. Alle Zutaten im Rührglas auf Eiswürfeln gründlich kaltrühren und auf einen Eisblock ins vorgekühlte Glas abseihen.

4. Als Barsnack knusprig gebackene Bacon-Chips dazu servieren.

Zutaten für 2 Portionen

12 cl Buffalo Trace Bourbon-Bacon Fat-Washing
1,5 cl Ahornsirup
4 Dashes Angostura Bitter
700 ml-Flasche Buffalo Trace Kentucky Straight Bourbon
250 g Bacon

Buffalo Trace Kentucky Straight Bourbon Whiskey 40%, 0,7-l-Flasche
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METRO Chef Schinkenspeck, ca. 2,6-kg-Stück
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Alle Zutaten erhältlich bei METRO.

Hendrick's Olive Oil Martini Cocktail

Cocktail 10 Minuten

Zubereitung:

1. Für die Zubereitung der Gin-Olivenöl-Kräuter-Infusion den Hendrick's Gin mit Olivenöl, Rosmarin und Thymian in ein Gefäß (z. B. Einmachgefäß) geben und gut mischen bzw. durchschütteln.

2. Das Gemisch im Glas für ca. 12 Stunden bei Zimmertemperatur lagern. Anschließend für weitere ca. 12 Stunden im Gefrierschrank kaltstellen. Dadurch wird das Olivenöl fest und trennt sich.

3. Den Inhalt des Glases durch ein feinmaschiges Sieb in einen zweiten Behälter abseihen und alle Feststoffe entfernen. Das ursprüngliche Glas gut waschen und die Flüssigkeit nochmals über einen Kaffeefilter zurückseihen, um sämtliche Rückstände und Ölreste zu entfernen.

4. 16 cl Gin-Olivenöl-Kräuter-Infusion mit 2 cl weißem Vermouth im Rührglas auf Eis kalt rühren. Optional mit 1 kleinen Prise Meersalz (oder auch mit 1 Barlöffel Olivenlake) würzen.

5. Drink über ein Barsieb in das vorgekühlte Glas abseihen.

6. Anschließend die Drink-Oberfläche mit 3 Tropfen Olivenöl benetzen und den Drink mit jeweils 2 Oliven am Cocktailspieß garnieren.

Zutaten für 2 Portionen

16 cl Gin-Olivenöl-Kräuter-Infusion
2 cl weißer Vermouth
1 Prise feines Meersalz bzw. 1 Barlöffel Olivenlake (optional)
4 entkernte grüne Oliven zum Garnieren

Für die Gin-Olivenöl-Kräuter-Infusion:
700 ml-Flasche Hendrick's Gin 44%
¼ Tasse natives Olivenöl extra
1 großer Zweig frischer Rosmarin
1 großer Zweig frischer Thymian

Hendrick's Gin 44%, 0,7-l-Flasche
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Barbera Olivenöl Baglio Delle Saline, 0,75-l-Flasche
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Fotocredits: beigestellt, Pixabay, Shutterstock, Stock Foods, Stocksy

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